Sport und Schlaf: Tipps für deine nächtliche Routine
Schlaf – eine essenzielle Säule unserer Gesundheit und dennoch eine echte Herausforderung im hektischen Alltag. Bestimmt hast auch du schon Nächte erlebt, in denen du nur schwer einschlafen kannst und der Stress des Tages hartnäckig bleibt. Doch du weißt sicher, wie bedeutend guter Schlaf für deine Stimmung, Konzentration und körperliche Leistungsfähigkeit ist.
Um dich bei deiner nächtlichen Schlafroutine zu unterstützen, haben wir uns mit M.Sc. Psychologin Heike Reuber von 7Mind unterhalten. Das Team hat kürzlich auch die Schlaf-App 7Sleep entwickelt – wissenschaftlich basiert und auf deine Bedürfnisse abgestimmt. Als Expertin für Achtsamkeit und Schlaf hat sie uns wertvolle Einblicke und praktische Tipps zum Thema Schlaf gegeben. Erfahre außerdem, wie Sport und Schlaf einander beeinflussen.
Heike, was ist deine Antwort auf eine der meistdiskutierten Fragen: Wie viel Schlaf brauche ich jetzt wirklich?
Die Frage nach der idealen Schlafdauer lässt sich nicht mit einer Zahl beantworten. Das Schlafbedürfnis ist individuell und wird von vielen Faktoren beeinflusst. Sowohl die Genetik spielt eine wichtige Rolle als auch der Lebensstil und die Umweltbedingungen. Daher verändert sich die Schlafdauer auch über die Lebensspanne hinweg. Die US-amerikanische National Sleep Foundation veröffentlichte 2015 Empfehlungen dazu (1). Sie beziehen sich auf gesunde Menschen und unterteilen sie in mehrere Altersklassen. Laut der Einschätzung ist die Tendenz klar: Im Laufe des Lebens nimmt die Schlafdauer deutlich ab, von bis zu 17 Stunden bei Neugeborenen bis hin zu nur noch sieben Stunden im hohen Alter.
Bei allen Empfehlungen ist zu bedenken, dass die untersuchten Personen bestimmte Gruppen repräsentieren und damit nicht für alle gelten. Wichtiger als einer Zahl strikt zu folgen, ist, das eigene Schlafverhalten kennenzulernen. Dabei kann zum Beispiel helfen, ein Schlaf-Tagebuch zu führen. Eine solche Reflexion ermöglicht, Muster zu erkennen und damit persönliche Rückschlüsse zu ziehen.
Welche Vorteile hat erholsamer Schlaf für mein Wohlbefinden?
Die Nachteile von wenig erholsamen Nächten haben vermutlich die meisten schon einmal erlebt. Unter anderem kann die Stimmung gereizt oder die Leistungsfähigkeit eingeschränkt sein. Schlaf und das Wohlbefinden beeinflussen sich gegenseitig: Eine hohe innere Anspannung wirkt sich auf den Schlaf aus und andersherum beeinträchtigt eine unruhige Nacht, die Stimmung am nächsten Tag.
Wir erholen uns nachts auf körperlicher und mentaler Ebene, denn im Schlaf wird im Gehirn und in anderen Körpersystemen sinnbildlich der Haushalt gemacht. Beispielsweise mit dem glymphatischen System. Die Forschung dazu steckt zwar noch in den Kinderschuhen, aber wir können uns sie wie die Müllabfuhr des Gehirns vorstellen (2). Das System besteht aus vielen Kanälen, durch die Hirnwasser fließt und Zellabfälle transportiert werden. Fachleute meinen, dass 90–95 % der Entsorgung während der Tiefschlafphasen stattfindet. Die Müllabfuhr scheint im Schlaf gründlicher zu sein als im Wachzustand (3).
Damit ist erholsamer Schlaf auch besonders wichtig für Lernprozesse und die Gedächtnisleistung (4). Denn die Verbindung zwischen Nervenzellen braucht Training. Je häufiger Signale an den Synapsen im Gehirn übertragen werden, desto stärker verfestigt sich, was wir lernen. Das passiert im Schlaf — wie ein Workout, von dem wir nichts mitbekommen.
Eine Meta-Analyse mit Daten von über 8000 Personen zeigt, dass erhöhte Schlafqualität mit einer verbesserten mentalen Gesundheit einhergeht (5). Symptome von Angst, Depression, Grübeln und Stresserleben scheinen mit erholsameren Nächten abzunehmen.
Wie beeinflusst Sport den Schlaf?
Was wir unter Sport verstehen, kann sich stark unterscheiden. Die Frage danach, wie er den Schlaf beeinflusst, hängt zudem von vielen Variablen ab, zum Beispiel der Uhrzeit, Dauer oder Intensität. Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2021 weist dennoch auf einen allgemeinen Zusammenhang hin (6). Regelmäßiger Sport ging in der Untersuchung mit einer erhöhten Schlafqualität einher. Das zeigte sich eher in selbsteingeschätzten Werten wie der subjektiven Schlafqualität als in objektiv messbaren.
2021 hat eine Forschungsgruppe die Effekte von High-Intensity Interval Training (HIIT) untersucht (7). Auch sie fassten die Ergebnisse mehrerer Einzelstudien in einer Meta-Analyse zusammen und unterstrichen damit das Potenzial von HIIT. Sie schlussfolgerten, dass der intensive Sport förderlich für den Schlaf sein kann. Konkret empfehlen sie ein HIIT-Training von mehr als 16 Minuten für maximal dreimal in der Woche über mindestens acht Wochen Hinweg.
Gilt das auch für achtsamkeitsbasierte Bewegungen wie Yoga?
Ja, eine weitere Meta-Analyse aus dem Jahr 2022 untermauert, dass solche ruhigere Bewegungsarten einen positiven Einfluss auf die Schlafqualität haben können (8). Dabei gab es einen signifikant höheren Effekt, wenn zweimal anstelle von einmal die Woche geübt wurde; und das über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten. Hier scheint sich Regelmäßigkeit auszuzahlen.
Diese Empfehlungen gelten sicherlich nicht für alle gleichermaßen. Ein kleiner Check-in vor und nach einem Training kann dabei unterstützen, bewusst wahrzunehmen, wie das eigene Wohlbefinden gerade beeinflusst ist und welche Effekte es womöglich auf den Schlaf gibt.
Was sind wohltuende Schlafgewohnheiten, die ich mir aneignen kann?
In der Psychologie gibt es einen wichtigen Schlüsselbegriff, wenn es um Schlafgewohnheiten geht: Schlafhygiene. Sie enthält etablierte Empfehlungen dazu, welche Umstände, Maßnahmen und Verhaltensweisen für erholsame Nächte ratsam sind. Diese können dazu beitragen, das Risiko für Schlafstörungen zu senken und ebenso einem Rückfall vorzubeugen. Dabei gibt es Spielraum. Es ist völlig in Ordnung, den Empfehlungen mit einer gewissen Lockerheit zu begegnen. Wenn einzelne Regeln nicht beachtet werden, heißt das nicht direkt, dass die Schlafqualität leiden muss. Druck ist generell für erholsamen Schlaf ungünstig. Hilfreicher ist eine gelassene Haltung, die auch im Rahmen von Achtsamkeitsübungen trainiert werden kann. Die Schlafhygiene kann Impulse geben, damit alle Expert:in in eigener Sache werden. Unter anderem gelten diese Empfehlungen:
Pufferzone.
Das ist ein Zeitraum vor dem Zubettgehen, um runterzufahren. Durch den Tag zu hetzen und dann wie auf Knopfdruck in den Schlaf zu finden — das funktioniert häufig nicht. Wenn möglich, gilt es, eine Pufferzone als festen Bestandteil in die Abendroutine einzubauen, um zur Ruhe zu kommen.
Bett = Schlaf.
Diese Empfehlung hängt mit Lernprozessen zusammen. Das Bett sollte idealerweise nur mit Verhaltensweisen verknüpft werden, die schlafdienlich sind. Wenn auch im Bett gearbeitet, Fernsehen geschaut oder telefoniert wird, kann das Gehirn unbewusst den Ort mit einem schlafhinderlichem Aktivitätslevel verbinden. Bestenfalls wird das Bett also nur zum Schlafen genutzt. Sexualität ist davon ausgenommen.
Regelmäßigkeit.
Es ist ratsam, zur gleichen Zeit aufzustehen, auch wenn’s am Wochenende mal später wird. Mit gleichbleibenden Zeiten kann das Einschlafen und Aufwachen erleichtert und so auch die Erholsamkeit des Schlafs gefördert werden.
Wohlfühl-Atmosphäre.
Die Schlafumgebung sollte möglichst einladend sein. Dazu kann eine warme Beleuchtung, angenehme Temperaturen oder ein bequemes Bett beitragen. All das, was guttut und entspannt. Auch ein Ritual kann eine schöne Möglichkeit sein, die Nacht mit einem angenehmen Gefühl einzuläuten. Wie wär’s mit einem Lavendel-Tee, Progressiver Muskelentspannung oder einer sanften Dehn-Einheit?
Für hilfreiche Schlafgewohnheiten wird häufig der Blick auf den Abend gerichtet. Wichtig ist allerdings, dass sich Schlaf den ganzen Tag über entwickelt – und er stark mit dem Stresserleben zusammenhängt. Ebenso gewichtig wie die Empfehlungen aus der Schlafhygiene ist es also auch, sich mit der Tagesgestaltung auseinanderzusetzen und schon so einen günstigen Weg für den nächtlichen Schlaf zu ebnen.
Was kann ich tun, wenn ich nicht schlafen kann?
Mit einem Sorgenkarussell im Bett zu liegen und sich ständig hin und her zu wälzen, das ist keine gute Idee. Dennoch sind wir alle nicht vor herausfordernden Nächten geschützt. Was kann dann helfen? Hier gibt es kein Patentrezept und doch ist eine gelassene Grundhaltung für viele das A und O. Mit Druck, Ängsten oder Stressempfindungen lässt es sich noch viel schlechter ein- und durchschlafen.
Die Psychologie rät dazu, bei längerem Wachsein aufzustehen. Sonst können unbewusste Lernprozesse stattfinden, die das Bett mit unangenehmem Wachsein verbinden. Ruhige Aktivitäten außerhalb des Bettes können guttun, beispielsweise zu lesen, puzzeln, oder entspannende Musik zu hören.
Wenn ein abendliches Sorgenmuster besteht, kann auch der Grübelstuhl ein hilfreiches Tool sein. Sobald der gedankliche Teufelskreis losgeht, stehen die Betroffenen aus dem Bett auf und setzen sich auf einen bestimmten Stuhl. Dann können sie einen Timer stellen, zum Beispiel auf 10 Minuten. In der Zeit lassen sie ihren Sorgen freien Lauf und grübeln aktiv. Das kann auch schriftlich passieren. Wenn die Zeit vorbei ist, werden die Sorgenschleifen bewusst abgeschlossen. Dabei kann auch ein individuelles Ritual angewandt werden, zum Beispiel ein Abschlusssatz wie “Genug gegrübelt für heute”.
Unterstütze deine Schlafroutine mit 7Sleep
Apps wie 7Sleep können deine Schlafroutine unterstützen. Das Angebot widmet sich voll und ganz dem Schlaf der Nutzenden – vom Einschlafen, Durchschlafen und Aufwachen bis hinzu guten Schlafbedingungen, die die Nutzenden tagsüber gestalten können. So helfen Übungen am Tag, Stress abzubauen und Wissenseinheiten vermitteln wertvolle Tipps rundum Schlaf. Die App begleitet so auf dem individuellen Weg zu einer gesunden Schlafroutine.
Wir hoffen, die Tipps von Heike helfen dir, deine persönliche Schlafroutine zu finden oder zu verbessern. Hast du weitere Tipps, die dir helfen? Erzähl uns davon in den Kommentaren.
WICHTIG: Viele behandlungsbedürftige Schlafprobleme wie Schlafapnoe bleiben unerkannt, weil sich Betroffene nicht in hausärztliche Behandlung begeben (9). Wenn Schlafschwierigkeiten bestehen und der Alltag nicht mehr gut zu bewältigen ist, empfiehlt 7Mind, ärztliche oder psychotherapeutische Unterstützung aufzusuchen.
Quellen
(1) Hirshkowitz M, Whiton K, Albert SM, et al. National Sleep Foundation’s updated sleep duration recommendations: final report. Sleep Health. 2015;1(4):233-243. doi:https://doi.org/10.1016/j.sleh.2015.10.004
(2) Xie L, Kang H, Xu Q, et al. Sleep Drives Metabolite Clearance from the Adult Brain. Science. 2013;342(6156):373-377. doi:https://doi.org/10.1126/science.1241224
(3) Fultz NE, Bonmassar G, Setsompop K, et al. Coupled electrophysiological, hemodynamic, and cerebrospinal fluid oscillations in human sleep. Science. 2019;366(6465):628-631. doi:https://doi.org/10.1126/science.aax5440
(4) Maski K, Holbrook H, Manoach D, Hanson E, Kapur K, Stickgold R. Sleep Dependent Memory Consolidation in Children with Autism Spectrum Disorder. Sleep. 2015;38(12):1955-1963. doi:https://doi.org/10.5665/sleep.5248
(5) Scott AJ, Webb TL, Martyn-St James M, Rowse G, Weich S. Improving Sleep Quality Leads to Better Mental health: a meta-analysis of Randomised Controlled Trials. Sleep Medicine Reviews. 2021;60(60):101556. doi:https://doi.org/10.1016/j.smrv.2021.101556
(6) Xie Y, Liu S, Chen XJ, Yu HH, Yang Y, Wang W. Effects of Exercise on Sleep Quality and Insomnia in Adults: A Systematic Review and Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials. Frontiers in Psychiatry. 2021;12. doi:https://doi.org/10.3389/fpsyt.2021.664499
(7) Min L, Wang D, You Y, Fu Y, Ma X. Effects of High-Intensity Interval Training on Sleep: A Systematic Review and Meta-Analysis. International Journal of Environmental Research and Public Health. 2021;18(20):10973. doi:https://doi.org/10.3390/ijerph182010973
(8) Yang J, Du Y, Shen H, et al. Mindfulness-Based Movement Intervention to Improve Sleep Quality: A Meta-Analysis and Moderator Analysis of Randomized Clinical Trials. International Journal of Environmental Research and Public Health. 2022;19(16):10284. doi:https://doi.org/10.3390/ijerph191610284
(9) BARMER. Gesundheitsreport 2019 | BARMER. www.barmer.de. Published September 2, 2019. Accessed November 21, 2023. https://www.barmer.de/presse/infothek/studien-und-reporte/gesundheitsreport-2019-1056360
(10) Li Y, Sahakian BJ, Kang J, et al. The brain structure and genetic mechanisms underlying the nonlinear association between sleep duration, cognition and mental health. Nature Aging. 2022;2(5):425-437. doi:https://doi.org/10.1038/s43587-022-00210-2
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