Resilienz steigern: So trainierst du deine seelische Widerstandsfähigkeit
Die COVID-19-Pandemie ist nicht nur eine medizinische und ökonomische, sondern auch eine psychologische Herausforderung: Die Angst vor der eigenen Ansteckung oder der von nahestehenden Personen, existenzielle Sorgen, aber auch sozialer Stress infolge des „Aufeinanderhockens“ innerhalb der Familie und die Einsamkeit durch Kontaktbeschränkungen sowie Homeoffice sind nur einige Gefühle, mit denen wir uns jetzt konfrontiert sehen.
Gerade in Zeiten des Lockdowns ist es wichtig, damit umgehen zu können. Wie gut jemand mit Krisen, Stress, Belastungen und auch Traumata umgehen kann, ist von seiner Resilienz abhängig.
Resilienz (vom Lateinischen resilire = zurückspringen, abprallen) wird in der Psychologie als die Fähigkeit eines Menschen bezeichnet, auch bei hohem Stress und unter großen Belastungen gesund zu bleiben. Die Rede ist vom „Immunsystem der Seele“.
Eine hohe Resilienz ist also gerade in der momentanen Situation bei jedem von uns wünschenswert. Doch wovon ist sie abhängig und wie lässt sie sich sogar steigern?
Diese und weitere Fragen haben wir Susanne Körtge, zum einen Bereichsleiterin für Logopädie und Physiotherapie und zum anderen Gesundheits-Coach (Kommunikationskurse, betriebliches Gesundheitsmanagement etc.) und Resilienz-Trainerin des Helios Klinikums Berlin-Buch, gestellt und dabei Interessantes erfahren.
Was macht die Resilienz eines Menschen aus?
Menschen sind unterschiedlich resilient. Einigen fallen in Krisen- und Stresssituationen in ein tiefes Loch, andere scheinen eine Art seelischer Schutzschild zu tragen – Schicksalsschläge werfen sie nicht so leicht aus der Bahn, Stress scheint förmlich an ihnen abzuperlen.
„Es kommt darauf an, wie stark die Widerstandskräfte des eigenen Körpers in Krisensituationen sind – auf welche physischen und auch psychischen Ressourcen kann man zurückgreifen, um einer Krise zu trotzen“, erklärt Susanne Körtge.
Um herausfordernde Situationen zu bewältigen, ist es laut der Expertin überaus wichtig, sich dieser Ressourcen und auch Stärken bewusst zu sein bzw. es zu werden. Was sind eventuelle Kraftgeber und was sind Kraftnehmer im Alltag?
Kraftnehmer wie negative Gedanken, Ängste und Sorgen sollten demnach bestenfalls eliminiert oder sogar idealerweise in Kraftgeber umgewandelt werden.
Das kann man lernen. „Mit jedem Mal, wenn man sich einer Krise stellt, verlässt man damit auch seine Komfortzone. Mit jedem Schritt aus seiner Komfortzone, erweitert man seine eigenen Grenzen. Dadurch fällt uns die Bewältigung von schwierigen Situationen zunehmend leichter. Das heißt, mit jeder Krise wächst auch automatisch die Resilienz“, beschreibt Susanne Körtge den Prozess der Krisenbewältigung.
Wie kannst du deine Resilienz gezielt trainieren?
Love it, leave it or change it – das ist das Mantra, um dein „mentales Immunsystem“ zu stärken. Wie? Laut Resilienz-Expertin Susanne Körtge gilt Folgendes:
Love it
Häufig suchen wir Probleme, wo eigentlich überhaupt keine sind. Wir vergessen, dankbar zu sein, und konzentrieren uns auf das Negative anstelle des Positiven. Im ersten Schritt solltest du daher prüfen, ob die Situation für dich wirklich so schlimm ist, wie es auf den ersten Blick scheint.
Richte deinen Fokus nach vorne. Gelingt es dir vielleicht, der Situation, in der du dich befindest, etwas Positives abzugewinnen – sie sogar lieben zu lernen? Reflexion bringt dich schon mal einen großen Schritt weiter.
Leave it
Wenn dich eine Situation nach gründlicher Überlegung auf Dauer belastet und du dich damit weder identifizieren noch sie akzeptieren kannst, dann verlasse diese Pfad und wende dich neuen Wegen zu. Auch das begegnet uns öfter im Alltag.
Umstände, die auf Dauer belastend sind, machen krank. Befreie dich also von dieser „Last“ und meide sie. Überlege dir, wie du dafür sorgen kannst unerwünschten Situationen aus dem Weg zu gehen und welche Schritt dafür notwendig sind.
Einmal aufgeschrieben, hast du hinterher einen praktischen Plan, wie du damit umgehen willst. Dann kannst du aktiv werden, um diesen Plan in die Tat umzusetzen.
Change it
Nur, weil du eine unangenehme oder gar belastende Situation nicht akzeptieren kannst, heißt das nicht, dass du sie komplett meiden musst. Vielmehr geht es hier darum, Situationen so zu gestalten, dass du sie ändern kannst. Frage dich, was du verändern könntest, damit die Situation für dich positiver wird.
Wie wichtig sind Sport und Bewegung, um deine Resilienz zu steigern?
Zusätzliche Energiequellen, in Form eines Ausgleiches, sind in der Bewältigung von Krisen laut Susanne Körtge besonders wichtig. Sie steigern ebenfalls die seelische Widerstandsfähigkeit. Das können Sport und Bewegung, aber auch Entspannung, Meditation, ein guter Schlaf oder kreative Tätigkeiten sein.
Hier findest du Tipps, die deine Schlafqualität trotz Homeoffice verbessern.
Lies dir auch hier unsere Vorschläge gegen Ängste, Depressionen und Einsamkeit durch.
„Vor allem jetzt in der Winterzeit, wenn die Tage kürzer werden und es draußen oft nasskalt ist, bieten sich Sportarten an, bei denen man wunderbar seine Gedanken schweifen lassen kann. Sobald der Kopf erst einmal frei ist, kann man seinen Fokus neu ausrichten und sich wieder den wichtigen Dingen des Lebens, wie etwa seinen Zielen, zuwenden. Sport festigt sozusagen Körper und Seele“, betont Susanne Körtge die Bedeutung des Sports.
Genauso wie beim Training solltest du dir dann auch Ziele in kleinen Etappen vornehmen und dich dahingehend motivieren, diese zu erreichen. Das Ziel vor Augen gibt dir einen Fixpunkt im Leben und strukturiert deinen Alltag. Routinen im Alltag geben dir Sicherheit und Kraft für Neues. Und Neues macht Spaß!
Resilienz ist also dafür verantwortlich, dass du dich nicht von negativen Gedanken ausbremsen lässt. Mit ausreichend Bewegung, einer gesunden Ernährung und der richtigen Einstellung, lässt sie sich steigern und kann dir in schwierigen Zeiten eine gute Portion an mehr Optimismus geben. Die können wir momentan alle gut vertragen.
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